Elektrik im Wohnmobil

Da immer wieder diverse Fragen rund um das Theme "Elektrik im Wohnmobil" aufkommen, hier mal mein bislang dazu gesammeltes (halb) Wissen:

Welche elektrischen Energiequellen stehen zur Verfügung?

  1. Am Camping- oder Stellplatz steht in der Regel ein Landanschluss zur Verfügung
    Damit haben wir im WoMo 230V Wechselstrom an den Steckdosen zur Verfügung. Außerdem werden damit die Aufbau- und die Starterbatterie aufgeladen.
    HINWEIS:
    Immer wieder sieht man Camper, die den Strom vom Landanschluss mit ungeeigneten Kabeln zum Wohnmobil leiten. Auch wenn es verlockend klingt, im Baumarkt für ein paar Euro die Mega-Kabeltrommel zu erstehen und die dann - mit Adaptern versehen - für's WoMo zu verwenden: Es ist so nicht zulässig! Es gilt:
    - max. Länge 25 m
    - Es sind nur Gummischlauchleitungen mit der Bezeichnung H07RN-F und einem Kabelquerschnitt von mindestens 2,5 mm² zulässig
    - Kabeltrommeln immer komplett abrollen
    - Keine Adapter verwenden (soweit möglich). Kabel für den Campingbereich haben an beiden Enden die passenden (blauen) CEE-Stecker fest verbaut

  2. Steht man frei oder auf einem CP/SP ohne Landanschluss, wird die elektrische Energie ausschließlich von der Aufbaubatterie geliefert.
    Auch mit einem Solarmodul auf dem Dach kommt die Energie von der Batterie - sie wird durch das Modul bei ausreichendem Sonnenschein allerdings permanent nachgeladen.
    Ohne zusätzlichen Aufwand und techn. Ausrüstung (Wechselrichter) stehen nur die 12V Gleichstrom der Batterie zur Verfügung - keine 230V für die Steckdosen!
    Die tatsächlich von einem Händler dem Kunden gegenüber getätigte Aussage, dass die Steckdosen auch ohne Landanschluss und ohne Wechselrichter funktionieren, ist schlichtweg völliger Quatsch!

  3. Es gibt mittlerweile zu erschwinglichen Preisen sogenannte tragbare "Powerstations". Das sind einsatzfertige Kombinationen aus einer leistungsfähigen Batterie und einem integrierten Wechselrichter. Geladen wird bei vorhandenem Landanschluss über 230V oder über Solarpaneele (-Taschen).
    Solche Geräte gibt's in verschiedenen Leistungsstufen und Preisklassen. Allerdings fehlt hier die Integration in das Bordnetz.

  4. Theoretisch besteht noch die Möglichkeit, einen benzinbetriebenen Generator zu betreiben. Das fällt aber in der Praxis aus mehreren Gründen aus:
    - Auf dem CP/SP in der Regel verboten
    - Produziert nicht unerheblichen Lärm
    - Man benötigt Benzin. Das und auch der Generator verursachen einen fast unerträglichen Gestank - den will sicher niemand im WoMo haben

Dauerbrenner: Kühlschrank

An dieser Stelle - weil's in den einschlägigen Foren und Gruppen immer wieder gefragt wird: Steht kein Landanschluss zur Verfügung, wird der Kühlschrank am effektivsten mit Gas betrieben!
Der übliche Absorber-Kühlschrank kann mit 3 Energiearten betrieben werden:

  1. 230 V - Die stehen auf dem CP/SP zur Verfügung und sind am einfachsten zu verwenden, auch wenn physikalisch nicht optimal (der Kühli erreicht nicht die optimale Kühlleistung)

  2. 12 V - Das funktioniert ohne zusätzliche Basteleien nur während der Fahrt über den von der Lichtmaschine gelieferten Strom und nicht über die Batterie!

  3. Gas - Das ist ohne Landanschluss die Energie der Wahl.
    In der Regel errreicht der Kühlschrank im Gasbetrieb die optimale Leistung und verbraucht dafür verhältnismäßig wenig Gas (300-400 gr. / 24h). Wer einen Crash-Sensor in der Gasanlage verbaut hat und diese damit auch während der Fahrt betreiben darf, sollte auch während der Fahrt von 12 V auf Gasbetrieb umsteigen.

Und bevor ihr hier zum nächsten Thema übergeht: Nein, es ist völlig sinnbefreit, einen Wechselrichter einzusetzen um damit den Kühlschrank zu betreiben!

Wechselrichter - Strom für Fön und Notebook zu jeder Zeit

Ein Dauerthema in jeder WoMo-Gruppe/-Forum: Der Wechselrichter! Was ist das? Wozu brauche ich das? Wie funktioniert das?

Ein Wechselrichter produziert aus den 12V Gleichstrom der Aufbaubatterie die gewünschten 230V Wechselstrom. Damit lässt sich dann der Fön, das Notebook oder das Ladegerät für die Pedelecs betreiben ... auch abseits vom CP/SP mit seinem Landanschluss.

Einen Wechselrichter braucht man dann, wenn man auch mal "frei" stehen und trotzdem nicht auf den Strom aus der Steckdose verzichten möchte.
Viele Geräte gibt es natürlich auch für 12V Gleichstrom und die vorhandenen "Zigarettenanzünder"-Steckdosen. Aber die liefern oft nicht die benötigte Leistung ... und längst nicht alle Geräte sind in einer 12V-Version verfügbar.

Ein Wechselrichter funktioniert - ganz einfach gesprochen - wie der altbekannte "Zerhacker". Er produziert also aus einer Gleich- eine Wechselspannung.
Aber wie so häufig liegt die eigentliche Kunst hier im Detail:

  • Ein einfacher Zerhacker produziert eine Rechteckspannung. Dabei "wechselt" zwar auch die Spannung, aber viele Geräte kommen mit dieser Art Wechselspannung nicht zurecht oder werden möglicherweise damit zerstört.
    Gewünscht ist eine sinusförmige Wechselspannung, so wie sie zu Hause aus der Stecksose kommt.

  • Zusätzlich müssen die vorhandenen 12V hoch"transformiert" werden. Schließlich brauchen wir ja 230V.
    Gleichspannung lässt sich allerdings nicht im eigentlichen Sinne transformieren. Stattdessen kommen dafür heute ausschließlich Halbleiterbauelemente zum Einsatz.

Dimensionierung

Die fast wichtigste Frage bei der Anschaffung eines Wechselrichters: Welche Kenngrößen (Leistung) soll mein WR haben?

Wechselrichter gibt es bereits für wenige Euro zum anstöpseln an den Zigarettenanzünder. Diese bieten aber nur eine sehr geringe Leistung von max. 150W. Das hängt mit den Leitungen von der Fahrzeugbatterie zum Zigarettenanzünder und den Sicherungen im Fahrzeug zusammen - damit lässt sich also nicht allzu viel anfangen.

Fangen wir also mal an zu rechnen:

Ein halbwegs brauchbarer Fön hat z.B. eine Leistung von 2.000 Watt. Wir benötigen also einen WR, der mindestens 2.000W liefern kann.
Im einschlägigen Onlinehandel sind solche Geräte bereits für wenige hundert € zu haben. Mein Tipp: Finger weg! Wer billig kauft, kauft 2x und setzt seine und die Sicherheit seines WoMo aufs Spiel.
Warum ich davon abrate, wird vielleicht klar, wenn wir mal ausrechnen was da so an Strom fließt:

Die elektrische Leistung P errechnet sich im Gleichstrombereich aus dem Produkt der Stromstärke I und der Spannung U ==>  P = I * U.
Da die für den Fön benötigten 2.000W auf der 230V-Seite (Steckdose) auch aus der Batterie geliefert werden müssen, lässt sich die Stromstärke einfach berechnen: I = P / U  ==> 2.000W / 12V = 166,67A (überschlagsmäßig berechnet bei ohm'scher Last und ohne Verluste).
Das muss man sich dann nochmal auf der Zunge zergehen lassen: Es fließen Ströme von fast 170 Ampere !!! Ich persönlich möchte das keinem Chinabomber ohne CE-Kennzeichnung anvertrauen.

Bei diesen Stromstärken ist nicht nur die Qualität des WR selbst ausschlaggebend, sondern auch die Dimensionierung der Aufbaubattrie.
Die Kapazität einer Batterie wird in Ah (Amperestunden) angegeben. Diese sagt aus, wie lange eine Batterie eine bestimmte Stromstärke liefern kann.
Übliche WoMo-Batterien liefern 95 Ah. Sie kann also 95 Stunden lang 1A liefern ... oder eben 1 Std. lang 95A.
In unserem Beispiel könnte eine solche Batterie den Fön also etwa 30 Minuten lang betreiben. Leider nur theoretisch, denn übliche Blei- (oder GEL- oder AGM-) Batterien sollten nur zu max. 50 % entladen werden - sonst nehmen sie dauerhaften Schaden.

Es wird also relativ schnell klar, dass eine übliche Batterie für den Betrieb eines Wechselrichters nicht ideal ist. Empfohlen werden LiFePo4-Batterien. Die Kapazität sollte sich jeder selbst anhand der mutmaßlich zu betreibenden Verbraucher ausrechnen können.
Ich würde hier mindestens 180 Ah wählen.

Und noch ganz wichtig dabei: Dort wo hohe Ströme fließen, werden entsprechend große Kabelquerschnitte benötigt. In unserem Beispiel mindestens 34 mm2 ... eher mehr.
Und die Länge der Leitung zwischen Batterie und WR sollte so kurz wie möglich (< 1m) gewählt werden. Der WR sollte also so nah wie möglich an der Batterie montiert werden.

Netzvorrangschaltung

Einfachere WR bieten eine eingebaute Steckdose, an der man die 230V für das gewünschte Gerät abgreifen kann. Das ist zwar schon gut brauchbar, bietet aber nicht den gewünschten Komfort.

Hochwertige WR bieten zusätzlich die Möglichkeit, den 230V-Ausgang mit dem Bordnetz des WoMo zu verbinden und schalten über die NVS automatisch um, wenn am CP/SP der Landstrom angeschlossen wird. Dann schaltet sich der WR ab, da die 230V ja nun vom Landanschluss geliefert werden.

Die wirkliche Oberklasse der WR bietet sogar die Möglichkeit, den Landanschluss zu unterstützen.
Anschlüsse auf CP/SP sind oft nicht - wie von zu Hause gewohnt - mit 16A abgesichert. Würde man z.B. ein Gerät mit 2.500W an einem Anschluss betreiben wollen, der nur mit 10A abgesichert ist, fliegt die Sicherung am CP/SP raus und das war's.
Der WR kann nun so eingestellt werden, dass er ab einer einstellbaren Grenze "einspringt" und der Stromfluss zum Landanschluss begrenzt wird.

Zur Vollständigkeit sei hier gesagt: Eine NVS lässt sich auch separat einbauen, falls der gewählte WR das nicht von Haus aus liefert.

Elektrische Basteleien im Wohnmobil

Ganz allgemein sind bei jeder Art von Elektroinstallation im WoMo einige Dinge zu beachten:

  • Auch wenn unser WoMo unser fahrbarer "Wohnraum" ist, sind elektrische Leitungen aus dem Haushaltsbereich hier strengstens verboten!
    Die übliche "Feuchtraumleitung" NYM-J3 1,5mm2 hat hier nichts zu suchen. Im WoMo ist ausschließlich flexible Gummileitung mit mind. 1,5mm2 zulässig. Besser sogar 2,5mm2.

  • Auch die beliebten "Lüsterklemmen" sind absolut tabu. Zur Verbindung von fexiblen Leitungen haben sich die Klemmen der Firma WAGO etabliert.
    Soll eine flexible Leitung an eine feste Klemme (Schalter, Steckdose) angeschlossen werden, sind grundsätzlich Aderendhülsen zu verwenden.
    Auch Löten ist verboten.

  • 12V und 230V Kabel dürfen nicht im gleichen Kanal verlegt werden - es sei denn, der Kabelkanal verfügt über einen Trennsteg.

  • Stromführende Kabel - egal ob 12 oder 230 Volt - dürfen nicht durch den Gaskasten führen.

Haftungsausschluss

Ich bin kein Elektriker, habe aber eine handwerkliche Ausbildung mit Grundlagen in Elektrotechnik genossen.
Für alle hier getätigten Aussagen gilt: Ohne Gewähr!
Jeder ist für seine Umbauten am und im Wohnmobil selbst verantwortlich.
Wer sich solche Installationsarbeiten nicht zutraut und/oder nicht über die handwerklichen Fähigkeiten/Kenntnisse verfügt, sollte solche Arbeiten in einer Fachwerkstatt durchführen lassen.